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Recht im Internet

25. Januar 2023


Axel Voss (CDU) war maßgeblich beteiligt daran, Artikel 13 durch das EU Parlament zu bringen. Er war also für den Artikel.

Erinnerst du dich noch an 2018, als die EU Memes verbieten wollte? Artikel 13. Er sollte die Urheberrechte von Medienproduzent*innen schützen und verhindern, dass Filme und Musik kostenlos auf YouTube zur Verfügung gestellt werden. Da dies wahrscheinlich durch automatisierte Uploadfilter umgesetzt werden wird, kann es dazu führen, dass ein großer Teil der Internetkultur – Memes  – fälschlicherweise als Urheberrechtsverstoß erkannt wird. Sie gelten zwar als Satire, aber kann eine Maschine zwischen Humor und Ernst unterscheiden? Auf der einen Seite der Debatte setzten sich Firmen wie die “Universal Music Group” für den Artikel ein, um das Geld zu verdienen, was ihnen zusteht; auf der anderen Seite standen Plattformen wie YouTube, Facebook & Co., die von der Verbreitung kleiner Ausschnitte urheberrechtlich geschützter Materialien profitieren – und viele enthusiastische Internetbenutzer*innen und Memekonsument*innen. 

Zwischen Sicherheit und Überwachung

Doch Artikel 13 ist nur ein kleiner Teil der größeren Debatte um staatliche Regulierung im Internet. Die Debatte ist die Abwägung derer, die um den derzeitigen Pluralismus im Internet bangen und jenen, die mehr Sicherheit im Netz wollen. Redaktionelle Filter könnten zu weniger Diversität in der Meinungsäußerung führen und Internetplattformen wie YouTube zu sehr restriktieren. Auf der anderen Seite geht einigen die derzeitige Regulierung im Internet noch nicht weit genug. Sie fordern von Techgiganten wie Google mehr Haftung für die Inhalte, die sie anzeigen, und die konsequente Verfolgung von Hass und Hetze im Internet. Auch dieser Ansatz soll zu mehr Pluralismus führen, indem Filterblasen durch das Gesetz zum platzen gebracht werden: Es sollen einem also auch nicht-personalisierte Vorschläge angezeigt werden, um Benutzer*innen der digitalen Meinungsvielfalt auszusetzen. Selbst das Sammeln, Speichern und Verkaufen privater Daten soll, einigen Datenschutzexpert*innen zufolge, Techgiganten verboten werden und somit personalisierte Werbung nichtig machen. Andere sehen großen Mehrwert darin, personalisierte Informationen über neue Produkte zu erhalten. Ich selbst habe PolitikNeuGedacht über genau diesen Weg gefunden.

Chatkontrolle

Eine andere Manifestierung der Debatte findet sich in dem Thema Chatkontrolle. Hierbei sollte gegen die Verbreitung pornografischer Inhalte in privaten Chats vorgegangen werden. Auch hierzu wurde ein automatisierter Filter vorgeschlagen, der alle Nachrichten (ja, auch deine privaten Nachrichten an deine beste Freundin) anlasslos auf pornografische Inhalte überwacht und bei Verdacht an die Polizei weiterleitet. Implementiert ist dies schon bei einigen Firmen in den USA. Einige, wie die SPD und CDU, befürworten diesen Weg, der aus ihrer Sicht vor allem zur Eindämmung von Kinderpornografie beiträgt. Andere, wie die FDP und Grünen, fürchten, dass so auch viele nicht-pornografische Inhalte fälschlicherweise auf dem Schreibtisch der Polizei landen. Wie im Fall eines Mannes in den USA, der Nacktbilder seines Sohnes zur Beratung an einen Arzt schickte; es kam zu einer automatisierten Strafanzeige, die inzwischen zurückgenommen wurde. Die Chatkontrolle kann aber auch dazu führen, dass Opfer von Pornografie eher auf das großteilige Verschwinden ihrer Bilder vom Netz hoffen können.

Analoge Mittel

An den digitalen Mitteln zur Durchsetzung des Rechts im Netz wird also noch gearbeitet; aber selbst bei den analogen Methoden hakt es. Das Anzeigen von Hasskommentaren oder ähnlichem endet schnell in einer Einstellung des Verfahrens – nicht, weil Hasskommentare erlaubt sind, sondern weil der Polizei in vielen Bundesländern das Wissen und die Infrastruktur zur Fahndung dieser Straftaten fehlen. So wird Internetkriminalität oft heruntergespielt – obwohl sie massive Auswirkungen auf die reale Welt haben kann: zum Beispiel in Form von Radikalisierung und Gewalttaten.

Es ist also klar, dass Kriminalität im Internet bekämpft werden muss; Doch wie viel Freiheit wollen wir dafür aufgeben?

Was sagen die Parteien?

Wenn es um Digitales geht, sind sich die Parteien einig: Es muss mehr in Deutschland dazu geschehen. Viel weiter scheint es aber oft nicht zu gehen: Zum Thema Datenschutz im Netz haben nur die FDP und Grüne klare Vorstellungen veröffentlicht. Bei CDU und SPD sieht es etwas bescheidener aus.

FDP

Die Liberalen votierten gegen die oben genannte Chatkontrolle gegen Pornografie, da sie das massenhafte, grundlose Überwachen als freiheitseinschränkend sehen. Sie haben aber mehrheitlich für Artikel 13 der Urheberrechtsreform gestimmt, um so die Bild-, Film-, und Musikindustrie zu unterstützen. Die FDP fordert ein Recht auf Verschlüsselung in privaten Chats, sodass keiner, auch der Staat nicht, diese mitlesen kann. Außerdem wollen sie eine faire und funktionierende Datenwirtschaftsordnung sowie eine zeitliche Begrenzung der Nutzung von preisgegebenen Daten. 

Bündnis 90 / Die Grünen

Die Grünen stimmten indessen gegen Artikel 13 im EU-Parlament, da Uploadfilter die Meinungsvielfalt und Kreativität einschränken könnte. Stattdessen fordern sie ein reformiertes Urheberrecht. Im Bereich des Datenschutzes fordern sie außerdem viele weitere Maßnahmen, wie eine vollständige Durchsetzung des geltenden Datenschutzrechts, das Recht auf Verschlüsselung und die vollständige Umsetzung der EU-Datenschutzreform in nationales Recht.

SPD

Auf der Webseite der SPD lässt sich das Wort “Datenschutz” nur vereinzelt in seitenlangen Parteitagsbeschlüssen und Kommentaren einzelner SPD Politiker*innen finden. Auch wenn eine Suchanfrage zu “Chatkontrolle” auf ihrer Seite mit einem “ZU DEINER SUCHANFRAGE WURDEN KEINE ERGEBNISSE GEFUNDEN” erwidert wird, setzen sich die Sozialdemokraten öffentlich für eine Chatkontrolle ein und haben mehrheitlich für Artikel 13 gestimmt. In einem Kommentar schreibt Co-Bundesvorsitzender Lars Klingbeil, dass man Filterblasen aufbrechen, Falschmeldungen richtigstellen und Hate-Speech widersprechen muss. Strafen im Netz müssen verfolgt werden.

CDU

Auch die Webseite der Christdemokraten ist zu Schlagwörtern wie “Datenschutz” nicht sonderlich ergiebig. Trotzdem geben sie an, dass sie sich für eine “Digitalisierung mit klaren Regeln und Transparenz” einsetzen und künstliche Intelligenz dem Menschen dienen kann. Sie wollen die Bürokratie hinter Datenschutzanforderungen vereinfachen und diese nicht “übertrieben” streng auslegen, um so mittelständischen Unternehmen zu helfen und die Datenwirtschaft aufrechtzuerhalten. Auch sie stimmten für Artikel 13 der EU-Urheberrechtsreform.

Beim Wort “Digitalisierung” springen also alle auf und zeigen durch ihre Zustimmung, wie fortschrittlich sie sind. Doch an der Umsetzung hakt es: Upload- und Chatfilter werden vorgeschlagen, aber führt das nicht zu weit, alle grundlos zu überwachen? Wie sehr sind uns die eigenen Daten gegenüber der Sicherheit vor Kriminalität wichtig – nicht nur herkömmlich in der physischen Welt, sondern eben auch in der digitalen. Während gigantische Techkonzerne schon längst die Lukrativität unserer Daten erkannt haben, regt sich die Politik erst jetzt – langsam. 

Quellen

SPD, SPD, CDU, CDU, SPD, Grüne, FDP, CCC, Tagesschau, Grüne, ZDF, Wikipedia, Wired

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