Bei der Bundestagswahl 2021 dreht sich der Wahlkampf der Grünen vor Allem um ein Thema: das Klima. Traditionell ist die Partei stark mit Klima- und Naturschutz verbunden und war die erste Partei, die sich in den 1980ern Jahren nach ihrem Einzug in den Bundestag prominent für einen Ausstieg aus der Atomenergie einsetzt. Wie die Partei mit der Anti-Atomkraft-Bewegung zusammenhängt, erfahrt ihr im heutigen Artikel.
Dieser Artikel ist Teil einer Reihe zur Geschichte der Bewegungen und Ideen hinter den großen politischen Parteien Deutschlands – folgt uns bei Instagram @politikneugedacht um immer auf dem Laufenden zu bleiben.
Am 11. März 2011 erlebte die Welt eine Katastrophe: in Folge eines starken Erdbebens kommt es zu einem Tsunami, der das Kernkraftwerk Fukushima Daiichi schwer beschädigt. Die Kühlung der Brennelemente in der Reaktorkernen sowie anderer Elemente in gleich mehreren Blöcken funktionieren nicht mehr ordnungsgemäß. Folge ist die Überhitzung der Reaktorkerne und in der Folge das Schmelzen von Kernmaterial , dadurch kann gefährliche atomare Strahlung aus dem Kernkraftwerk in die Umwelt entweichen [1]. Diese Katastrophe kostet vielen Menschen das Leben, unzählige mussten umgesiedelt werden. Auch 10 Jahre nach dem Unfall ist die Gegend rund um das ehemalige Kernkraftwerk nicht bewohnbar und die Bergung des strahlenden Brennstoffs wird noch bis 2031 oder darüber hinaus andauern [2].
Fossile und erneuerbare Energien
Unter der Energiewende verstehen wir nicht nur eine Abkehr von Kernenergie, sondern auch den Wechsel von fossilen zu erneuerbaren Energien. Die Gründe dafür sind vielfältig: zum einen sind fossile Energiequellen wie Kohle und Erdöl begrenzt, zum anderen will Deutschland auch aus politischen Gründen auf lange Sicht unabhängig vom Erdölvorkommen anderer Länder werden. Die größten Förderer von Erdöl sind die USA, Russland und Saudi-Arabien. Eine Übersicht woher Deutschland Erdöl bezieht, findet ihr hier [4]. Außerdem ist das Verbrennen von Kohle natürlich sehr umweltschädlich und auch die Erdgas-Förderung steht häufig in der Kritik.
Was die Anti-Atomkraft-Bewegung mit den Grünen zutun hat
Infolge der Katastrophe von Fukushima entscheidet sich die damalige Regierung unter Angela Merkel gegen die ursprünglich geplante Laufzeitverlängerung der deutschen Atomkraftwerke [3]. Ein aus Sicht der Opposition längst überfälliger Schritt: Dir rot-grüne Vorgänger-Regierung hatte bereits einen Atomausstieg beschlossen, den das erste Kabinett Merkel mit der Laufzeitverlängerung rückgängig machte. Nun sah sich die schwarz-gelbe Koalition doch gezwungen umzudenken und die Energiewende einzuleiten.
„Im Licht des CO2-Problems ist die Kernkraft eine saubere, unter Sicherheitsaspekten verantwortbare Energie und auch für die Zukunft wichtig.“
Angela Merkel 1994 über Kernenergie [5]
Dabei ist Fukushima nicht die erste Nuklearkatastrophe: im Reaktor von Tschernobyl kommt es 1986 zum bis heute schwersten Unfall in der Kernenergie. Im Gegensatz zu Fukushima geht der Ausfall der Systeme und das damit einhergehende Austreten von Strahlung allerdings nicht auf eine Naturkatastrophe zurück, sondern auf menschliches Versagen: ein gescheitertes wissenschaftliches Experiment führt zu mehreren Explosionen und nuklearer Verseuchung in weiten Teilen Russlands und Belarus‘ [6].
Umweltpolitische Bewegungen und die Gründung von Bündnis 90 – Die Grünen
Die Themen Ökologie und Umwelt wachsen in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts in Deutschland. Ängste in der Bevölkerung rund um das Waldsterben und die Artenvielfalt haben die Gründung vielfältiger Organisationen rund um Naturschutz zur Folge. Besonders in den 70er Jahren gewinnen diese Zusammenschlüsse immer mehr gesellschaftliche Unterstützung, werden in der Politik jedoch noch als „Ökos“ diffamiert, ihre Forderungen als zu extrem und wirtschaftsschädigend angesehen. Wichtige Themen sind Massentierhaltung und Tierschutz im Allgemeinen, verschmutzte Städte – und Atomkraft [7].
Zum ersten Mal findet sich 1979 anlässlich der Europawahl ein Wahlbündnis auf bundespolitischer Ebene mit dem gemeinsamen Ziel einer neuen, ökologisch ausgerichteten Politik, zusammen. Ein Jahr später erst wird aus diesem Wahlbündnis „Sonstige politische Vereinigung Die Grünen“ eine Partei. 1983 gelingt den Grünen dann der Sprung in den deutschen Bundestag. Während „Die Grünen“ in Westdeutschland bereits die Politik in der Opposition gestalten, formt sich auch in der DDR eine ökologische Partei in der Opposition, die allerdings erst nach der Wende 1991 offiziell zur Partei wird. Zwei Jahre später, im April 1993, fusionieren dann beide Parteien zu einer – deswegen zeigt sich auch noch heute im Namen der Partei ein Stück deutscher Wiedervereinigung – Bündnis 90 – Die Grünen [8].
Atomkraft ist keine gute Alternative
In der Nachkriegszeit gilt Atomkraft tatsächlich als im Vergleich zu den herkömmlichen Energiequellen als die umweltfreundlichere und fortschrittlichere Variante. Allerdings ist die Nutzung von Atomenergie auch immer von Protesten begleitet, auch bereits in den 1960ern [9]. Jüngst wird im Kontext der Energiewende wieder öffentlich über Atomkraft diskutiert, es wird aber bei näherer Betrachtung schnell klar: Atomkraft ist nicht nur im Hinblick auf den Katastrophenschutz keine echt Alternative zu Erdöl, Erdgas und Kohle. Durch Investitionen in Atomkraft würde, so argumentieren zum Beispiel auch die Grünen im Bundestag, echter Fortschritt im Bereich erneuerbare Energien verhindert [10].
Das Stichwort ist vor Allem Nachhaltigkeit: auch für den bereits vorhandenen Atommüll ist noch kein geeignetes Endlager gefunden [11]. Jetzt sind die Grünen am Zug, zum ersten Mal seit der Regierung Schröders in den 2000er-Jahren sind sie an einer Regierung beteiligt. Wie sie das Thema Energie angehen, bleibt spannend.
Quellen
[1] Bundesamt für Strahlenschutz | Der Unfall von Fukushima
[2] ZDFzeit | Der ewige GAU? 10 Jahre Fukushima
[3] SWR | Nach Fukushima: Angela Merkel läutet Atomausstieg ein
[4] FAZ | Woher bekommt Deutschland sein Öl?
[5] Süddeutsche Zeitung | Atomausstieg: Zitate einer einzigartigen Wende
[6] Planet Wissen | Tschernobyl
[7] WWU Münster | Umweltbewegungen
[8] Heinrich Böll Stiftung | Zur Geschichte von Bündnis 90 / Die Grünen
[10] Bündnis 90 – Die Grünen | Atomkraft bleibt ein Klimakiller
[11] Radioaktiver Abfall Die Suche nach einem deutschen Atommüll-Endlager
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