von Finn Gleichmann
Was ist Gendern?
Der kleine Stern, der manche Wörter schmückt; die kleine Pause die beim aussprechen von “Journalist*innen” entsteht. Sie lösen große Debatten aus und weisen Gesprächspartner*innen oft subtil auf die eigene politische Meinung hin. In manchen Kreisen wird man beäugt, wenn sie eingesetzt werden, in manchen passiert dies, wenn man sie nicht einbaut. Die Genderasterixe sind als ein Weg aus dem generischen Maskulinum gedacht, was die grammatische Form ist, welche zwar alle Geschlechter ansprechen soll, aber der maskulinen Form entspricht, wie in “Journalisten”.

Ein Asterix ist nicht der hier, sondern bezieht sich auf dieses Zeichen:
*
Viele nicht-männliche Personen fühlen sich durch diese Form nicht angesprochen. Die Verschmelzung der femininen und maskulinen Form (Journalisten und Journalistinnen zu Journalist*innen) soll so kennzeichnen, dass auch andere Geschlechter gemeint sind.
Die Form soll außerdem Stereotypen auflösen: Wenn man von “Journalisten” spricht, wird oft an eine Gruppe von Männern, nicht Frauen und Männer, gedacht.
Zur inklusiven Sprache gehört aber noch mehr. Zum Beispiel gibt es viele Stimmen, die “man” mit “mensch” ersetzen wollen, da “man” dem Wort „Mann“ sehr ähnlich ist.
Vor- und Nachteile
Selbst nach vielen Kontroversen, ist das Gendern noch nicht so sehr in der Gesellschaft etabliert. Rund 54% der Jugendlichen lehnen Gendern oder die Debatte darum ab.
Einige fühlen sich von der Sprechweise eingeengt und meinen, dass Gendern das Geschlecht überbetont, auch wenn es in den meisten Fällen, wie in Journalist*innen, keine maßgebliche Rolle spielt. Außerdem weisen sie darauf hin, dass durch Gendern und Passivkonstruktionen, wie “Lehrende” statt “Lehrer”, Texte leseunfreundlicher und somit weniger barrierefrei werden. Sowohl Gendern als auch Passivkonstruktionen funktionieren nicht bei allen Wörtern in allen Formen. Sie meinen, dass die vom Asterix hervorgerufene Pause unnatürlich klinge. Sie fürchten außerdem, dass die Sprache somit zu sehr ein politisches Statement wird und nicht neutral sein kann.
Befürworter*innen des Genderns weisen hingegen darauf hin, dass
- Sprache immer das Denken beeinflusst und eine Repräsentation aller Geschlechter positive Auswirkungen auf das Neudenken unserer Geschlechtervorstellungen hat.
- Sie sagen außerdem, dass Sprache im ständigen Wandel ist, und dieser immer zuerst abgelehnt wird. Aber die Sprache muss den Lebensumständen, wie dem heutigen Gleichberechtigungskampf, angepasst werden, und dazu gehört Gendern.
Das Gendern wird in seiner derzeitigen Form also von einigen nicht akzeptiert. Folglich muss also eine Lösung her, die beide Argumente abwägt, um eine weit verbreitete und geschlechtergerechte Sprache entstehen zu lassen.
Aber gibt es einen Weg !
Das Inklusivum
Wenn Passivkonstruktionen nicht immer funktionieren, und das Gendern in bestimmten grammatikalischen Fällen – wie oft im Singular, oder bei generischen Personenbezeichnungen, wie “Die Wache” oder “Der Gast”, auch nicht – muss eine dritte Lösung her.
Der Verein für geschlechtsneutrales Deutsch hat dafür das “Inklusivum” geschaffen. Es ist ein viertes Geschlecht, das sich komplett in die existierenden Strukturen des Deutschen, wie den grammatikalischen Fällen und den Numerus, einfügt. So enden singuläre Substantive im Inklusivum allgemein mit “e”, wie in Schülere, oder Autore und in der Mehrzahl mit “ne”, wie in Schülerne und Autorne. Die Vorteile sind bei dieser Art der geschlechtergerechten Sprache bestehen geblieben, während die angeprangerten Nachteile verschwunden sind. Auch wenn es nicht so scheint, wäre eine Einführung in den normalen Sprachgebrauch nicht allzu schwierig, da die Endungen leicht von der Zunge gehen und keinen großen Einfluss auf das gesamte Wort haben, wie das beim Gendern im Vergleich zum generischen Maskulinum der Fall ist. Außerdem ist das Inklusivum unabhängig von jeglichem biologischen Geschlecht, und somit wirklich Inklusiv: auch nicht-binären Personen, also Leuten, die weder männlich noch weiblich sind, gegenüber.
Das Inklusivum ist aber nur ein möglicher Ansatz von vielen Arten geschlechtsneutraler Sprechweisen.
Zum Gendern gibt es also viel Kontroverse, mit guten Argumenten für beide Seiten. Während den Gegnerne meist die Schönheit der Sprache wichtiger ist, geht es den Befürworterne um den inklusiven Aspekt der Sprache, der ihnen zufolge, derzeit fehlt. Ein Mittelweg ist das Inklusivum, was aber noch sehr unbekannt ist.
Quellen: lpb.bw, Alicia Joe, Rheinische Post, Geschlechtsneutral.de
Der leidige Krieg der Sterne… Letztendlich steht die Sprache gar nicht im Vordergrund – auf beiden Seiten. Es geht hier um Missstände in unserer Gesellschaft. Und in unserer Gesellschaft wird mit Sprache kommuniziert. Wir schreiben das 21. Jahrhundert, dann sollten wir auch zeitgemäß sprechen – Denken fängt mit Sprache im Kopf an und hat unweigerlich die Macht, unsere Wahrnehmung zu beeinflussen. Diese sollte über eine Schublade hinausgehen.