Seit dem 1. Juni ist wieder Pride Month. Menschen gehen überall auf die Straßen, um zu feiern und zu protestieren, Regenbogenfahnen werden gehisst und Firmen färben ihre Logos bunt. Aber wieso eigentlich – und seit wann? In diesem Artikel erfahrt ihr (fast) alles Wichtige über die queere Community, CSDs und den Pride Month.
Was sind queer und LGBTQIA+?
Queer und LGBTQIA+ sind Begriffe, die eine Vielfalt von sexuellen Orientierungen, geschlechtlichen Identitäten und die jeweiligen Bezeichnungen dafür umfassen. Der Begriff „queer“ hat seinen Ursprung in den 1980er Jahren als eine Art politische Selbstbezeichnung für Menschen, die sich außerhalb der heterosexuellen Normen und Geschlechterrollen befinden. Es ist wichtig zu betonen, dass die Bedeutung des Begriffs „queer“ individuell unterschiedlich und von manchen Personen als identitätsstiftend, befreiend oder ablehnend empfunden werden kann.
LGBTQIA+ ist eine Abkürzung, die für lesbische, schwule, bisexuelle, transgender, queere/questioning, intersexuelle und asexuelle/agender Menschen steht. Diese Buchstaben repräsentieren eine breite Palette von sexuellen Orientierungen und geschlechtlichen Identitäten, die nicht der traditionellen binären Vorstellung von Mann und Frau entsprechen. Die „+“-Erweiterung steht für weitere Identitäten, die nicht explizit in der Abkürzung enthalten sind.
Die queere Community kämpft für die Anerkennung und Gleichstellung in verschiedenen Bereichen des Lebens. Dies beinhaltet den Kampf gegen Diskriminierung, Vorurteile und Gewalt sowie die Forderung nach gleichen Rechten und gesellschaftlicher Akzeptanz. Hier gibt es immer noch Herausforderungen und Hindernisse auf dem Weg zu einer inklusiveren Gesellschaft zu überwinden.
Die Geschichte der queeren Community
Schon immer gab es Menschen mit nicht-heterosexuellen Orientierungen und geschlechtlichen Identitäten. In vielen Kulturen wurden sie toleriert oder sogar verehrt. Das wohl bekanteste Beispiel dafür siend Two-Spirits. Two-Spirit ist ein Überbegriff für trans, intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen in verschiedenen indigenen Völkern Nordamerikas. Mit der Verbreitung des Christentums und der Kolonialisierung der Welt und der damit einhergehenden Etablierung patriarchaler Gesellschaften wurden jedoch oft diskriminierende Normen festgelegt.
Die moderne queere Bewegung nahm ihren Anfang im 19. und 20. Jahrhundert. Homosexuelle und trans Menschen begannen, sich gegen Unterdrückung zu organisieren und für ihre Rechte zu kämpfen. Der Stonewall-Aufstand 1969 in New York City gilt als Meilenstein in der Geschichte der queeren Community. Nach einer Polizeirazzia in einer Schwulenbar setzten sich die Betroffenen erstmals gewaltsam zur Wehr und lösten damit Proteste und Demonstrationen aus.
In den folgenden Jahrzehnten wuchs die Bewegung weltweit. Es wurden queere Aktivistengruppen gegründet, die für die rechtliche Gleichstellung und gesellschaftliche Akzeptanz kämpften. Erfolge wurden erzielt, wie die Abschaffung von Diskriminierungsgesetzen und die Einführung von gleichgeschlechtlichen Ehen in einigen Ländern, auch in Deutschland.
Die queere Community erweiterte auch ihre eigene Identitätslandschaft, indem sie die Vielfalt sexueller Orientierungen und geschlechtlicher Identitäten anerkannte und sich um Intersektionalität bemühte. Heute setzt sich die queere Bewegung weiterhin für die Rechte und Würde aller Menschen unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung und geschlechtlichen Identität ein.
Was passierte in der Christopher Street und woher kommt der CSD?
Der Stonewall-Aufstand im Jahr 1969 markiert einen wichtigen Wendepunkt in der Geschichte der LGBTQIA+-Bewegung.Ein Jahr später, im Juni 1970, fand der erste Christopher Street Day (CSD) als Gedenk- und Demonstrationstag statt, um an den Stonewall-Aufstand zu erinnern und für die Rechte der LGBTQIA+-Gemeinschaft einzutreten. Der CSD entwickelte sich im Laufe der Zeit zu einem internationalen Ereignis, das weltweit jährlich gefeiert wird und die Sichtbarkeit und Akzeptanz von LGBTQIA+-Menschen fördert.
Warum braucht es einen Pride Month?
Der Pride Month dient dazu, die Geschichte, Erfolge und Kämpfe der LGBTQ+-Bewegung zu feiern und ins Bewusstsein zu rufen. Es ist eine Zeit, in der Menschen zusammenkommen, um für gleiche Rechte, Akzeptanz und Sichtbarkeit einzutreten. Durch Paraden, Veranstaltungen, Vorträge und kulturelle Aktivitäten werden LGBTQ+-Themen in den Fokus gerückt und die LGBTQ+-Gemeinschaft kann stolz und selbstbewusst auftreten.
Auch wenn die Situation queerer Menschen sich in vielen Bereichen gebessert hat, kämpfen sie überall noch gegen Diskriminierung und für rechtliche Anerkennung und Gleichstellung.
In elf Ländern gibt es auch heute noch die Todesstrafe für homosexuelle Menschen, in 58 weiteren andere Strafen.
In nur 30 Ländern ist die Ehe auch zwischen gleichgeschlechtlichen Menschen möglich. Und auch in Deutschland sind queere Menschen längst nicht überall rechtlich gleichgestellt: Sei es im Familienrecht oder beim weiterhin fehlenden Selbstbestimmungsgesetz.
Was ist Pinkwashing?
Vielleicht ist dir schonmal aufgefallen, dass viele Unternehmen im Juni ihr Logo auf Regenbogenfarben umstellen. Das ist in manchen Fällen ein klassisches Beispiel des sogenannten Pinkwashing: Der Begriff bezieht sich auf eine Marketing- oder PR-Strategie, bei der Unternehmen, Organisationen oder Regierungen den Eindruck erwecken wollen, LGBTQ+-freundlich und unterstützend zu sein, obwohl ihr tatsächliches Engagement für die LGBTQ+-Rechte begrenzt oder widersprüchlich ist. Der Begriff „Pinkwashing“ ist eine Kombination der Wörter „pink“ (pink) und „whitewashing“ (Weißwaschen).
Pinkwashing kann verschiedene Formen annehmen, wie beispielsweise das Sponsoring von Pride-Veranstaltungen, die Verwendung von Regenbogenflaggen oder LGBTQ+-Symbolen in Werbekampagnen oder die Unterstützung von LGBTQIA+-Themen in der Öffentlichkeit. Diese Maßnahmen sollen den Eindruck erwecken, dass das Unternehmen oder die Organisation LGBTQIA+-freundlich ist und sich für die Rechte und Gleichstellung von LGBTQIA+-Menschen einsetzt.
Allerdings kann Pinkwashing problematisch sein, wenn kein echtes Engagement für LGBTQIA+-Rechte vorhanden ist. Oftmals wird Pinkwashing von Unternehmen oder Regierungen genutzt, um von anderen negativen Aspekten ihres Handelns abzulenken oder um von LGBTQIA+-Menschen und ihren Verbündeten zu profitieren, ohne wirklich Veränderungen anzustreben.
Die LGBTQIA+-Gemeinschaft und Aktivist:innen sind zunehmend aufmerksam gegenüber Pinkwashing geworden und fordern authentisches Engagement, Transparenz und nachhaltige Maßnahmen, um die Rechte und die Gleichstellung von LGBTQ+-Menschen zu fördern.
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