Allgemein | Außenpolitik
Olympische Flagge und Flagge der Vereinten Nationen
Die Blasphemie des Olympischen Friedens – wie Putin zum dritten Mal die Olympischen Spiele nutzte, um einen Krieg vorzubereiten

28. Februar 2022

Eigentlich sollte es in diesem Text um die Ereignisse während der Olympischen Winterspiele in Peking gehen. Doch in diesem Moment kämpfen ukrainische Menschen um ihr Land und ihre Kultur. Sie kämpfen gegen einen Präsidenten, der beschlossen hat, dass der territorial größte Staat dieser Erde noch nicht groß genug ist. Mit Angriffskrieg Putins auf die Ukraine, bricht der russische Präsident zum dritten Mal den Olympischen Frieden.
Es ist ein Relikt aus der griechischen Antike. Damals herrschte zwischen den griechischen Stämmen ein ständiger Kampf. Doch zu den Olympischen Spielen herrschte Frieden, damit die Athleten und Zuschauer sicher zu den Wettkämpfen an- und abreisen konnten. Dieser Olympische Gedanke des Friedens und der Völkerverständigung setzt sich auch in der Moderne fort. Ein Jahr vor den Olympischen Spielen wird mit einer symbolischen UN-Resolution der Olympische Frieden beschlossen. Ein Zeichen des Miteinanders. Auch Russland gehörte im letzten Jahr zu den Unterzeichnern dieser Resolution. Der russische Vertreter, Stepan Kuzmenkov, erklärte, dass der Sport ein Botschafter des Friedens sein könne. Er hielt die teilnehmenden Länder dazu an, den Frieden vor, während und nach der Spiele zu wahren.
Das wirkt geradezu verhöhnend, marschierte Russland doch bereits 2008 während der Olympischen Sommerspiele in Peking in Georgien ein. Währenddessen saß Putin noch auf der Tribüne der Eröffnungsfeier in China. Sechs Jahre später fanden die Olympischen Winterspiele in Sotchi statt. Und während die Welt auf die Spiele schaute, bereitete sich der russische Staatschef ein paar Meter weiter darauf vor, die ukrainische Halbinsel Krim völkerrechtswidrig zu annektieren. Russland übrigens wehrt sich dagegen, dass diese beiden Angriffe ein Bruch des Olympischen Friedens seien. Sie bezeichneten es als innerstaatliche Angelegenheiten und bei den Olympischen Spielen gehe es doch nur um Handlungen zwischen verschiedenen Staaten. Georgien und die Ukraine haben dazu wohl eine abweichende Haltung.
Doch das Muster setzt sich nun fort. Während die Olympischen Winterspiele in Peking so heftig kritisiert wurden wie nie zuvor, bereitete sich Russland auf einen erneuten Krieg vor. Gerüchte legen nahe, dass Putin das Ende der Olympischen Spiele abwartete, um den chinesischen Präsidenten, Xi Jinping, nicht in Verlegenheit zu bringen. Doch nur wenige Tage nachdem die Länder dieser Welt in einem fröhlichen Kreis gemeinsam die Flagge schwenkten, marschieren russische Truppen in die Ukraine ein. Nicht nur in den Donbass, eine lange umkämpfte Region im Osten der Ukraine, sondern im ganzen Land. Es ist der größte kriegerische Konflikt in Europa seit Ende des zweiten Weltkriegs.
Der Olympische Frieden erscheint in diesen Tagen vor allem als Eines – Wertlos. Es ist ein Symbol ohne Konsequenzen, fast schon Blasphemie. Dabei beginnen in wenigen Tagen die Paralympischen Winterspiele in Peking. Und während das IPC noch hadert, fordern Athlet*innen weltweit bereits den Ausschluss russischer und belarussischer Sportler*innen. Nein, es wäre nicht fair gegenüber diesen Sportlerinnen und Sportlern, die nichts für den Größenwahn ihres Regierungschefs können. Doch es ist auch nicht fair, dass Menschen in der Ukraine um ihr Leben bangen müssen. Es wäre ein Zeichen, denn der Zenit der politischen Neutralität des Sports ist längst überschritten. Und am Ende des Tages kann es hier nur Verlierer geben.
Nun, vielleicht stimmt das nicht so ganz. Denn die chinesische Regierung ist wohl froh, dass die Kritik an den Olympischen und Paralympischen Spielen in einem Land, dass Menschenrechte mit Füßen tritt, nicht mehr die weltweiten Nachrichten beherrscht. Und so ist Xi Jinping wahrscheinlich der einzige Gewinner in einer Welt voller Verlierer.
 

Das könnte dich auch interessieren

Warum der Generationenvertrag jetzt zum Problem wird

Warum der Generationenvertrag jetzt zum Problem wird

Hast Du Dich schonmal gefragt, wie lange Du eigentlich mal arbeiten musst? In Rente zu gehen ist vermutlich nicht gerade in Deiner Top 10 der relevantesten Themen und höchstens dann wichtig. Aktuell wird aber wieder viel über das Renteneintrittsalter diskutiert – wir erklären euch was dahinter steht und warum wir wahrscheinlich deutlich länger werden arbeiten gehen müssen, als unsere Eltern und Großeltern.

Das ABC der Außenpolitik

Das ABC der Außenpolitik

TTIP, G7, BRICS-Staaten… das sagt Dir alles irgendwie gar nichts? Also klar, irgendwo gehört hast Du es schon mal, aber was das bedeutet…naja. Dann ist dieser Artikel für Dich genau das richtige – hier erklären wir Euch nämlich kurz und einfach das ABC der Außenpolitik!

Ist die Demokratie in Gefahr?

Ist die Demokratie in Gefahr?

„Eine Demokratie, in der nicht gestritten wird, ist keine.“ Das hat der ehemalige Bundeskanzler Helmut Schmidt einmal gesagt. Stellt sich die Frage, wie gut in Deutschland heutzutage gestritten wird. Werden wir mit unserer öffentlichen Diskussionskultur unserer Demokratie gerecht? Mit dieser Frage hat sich unser Autor Max Sander auseinander gesetzt.

0 Kommentare

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Cookie Consent mit Real Cookie Banner